Mittwoch

Elefanten sind groß

Ein von mir ungeliebter Elefant ist das Flugzeug, welches bis vor kurzem noch den Titel " größtes Passagierflugzeug der Welt" trug. Der Titel wurde mittlerweile zwar von einem A******ch (Mit den besten Grüßen an Herrn nff ) geklaut, die Größe ist trotzdem geblieben.

Da ich mich vor meiner fliegerischen Laufbahn geweigert habe in eben jenen Elefanten zu steigen, war es für mich umso aufregender als ich erfuhr, dass ich mit diesem nun fliegen musste.
Das Dumme an der Sache war, ich sollte nicht dabei arbeiten sondern Passagier spielen.
Und Alkohol war nicht erlaubt. Scheiße.
(Nur so zur Info, man könnte meinen, ich würde ständig und immer mich berauschen wollen...dem ist nicht so, außer mich quälen zu enge Schuhe oder mich beschleicht die Angst vor der Angst. Allerdings glaube ich, dies wird man mir nicht abnehmen. Ich möchte jetzt seufzen)

Mann könnte davon ausgehen, meine Flugangst wäre so gut wie verschwunden, möchte aber dennoch darauf hinweisen, dass ich meine französischen Flieger mittlerweile zu kennen scheine.
Ausserdem küssen Franzosen fantastisch (wirklich!) und Amerikaner waren mir schon immer eher suspekt (deren Shoppingmöglichkeiten mal ausgenommen).

Ein Glück für mich, dass der Flug nach Mitternacht beginnen sollte und ich hoffte irgendwie und irgendwann schlafen zu können.

Schön optimistisch stieg ich also in den Flieger ein und sagte gleich an der Tür zu meinen KollegInnen das ich nach dem Service mal den Flieger genauer unter die Lupe nehmen möchte. Irgendwann muss ich schließlich auch auf diesem Flieger arbeiten.

Auf dem Weg zu meinem Sitzplatz zählte ich heimlich die Sitzreihen bis zur nächsten Tür und wagte es nicht einmal aufzuschauen. Spätestens als ich meinen Hintern in den Sitz reinbequemte, wurde mir bewusst: Der Flieger ist rießig! Nein, er ist gigantisch...und schon wurde mir schlecht.
Im Gegensatz zu meinen mir geliebten Franzosen war dieses Teil ein absoluter Protzschlitten und in den 70ern hängengeblieben.

Ich war froh um meine schnatternde Kollegin neben mir. Hoffte insgeheim auch, dass die diesmal verdammt arroganten Cockpitkollegen ihre Überheblichkeit während des Fluges im Geiste wegschliessen.
Von meinem Fenster aus hatte ich natürlich einen guten Blick auf die wunderschönen Triebwerke, diese wollte ich aber nicht sehen.

Ich war dankbar um die Dunkelheit der Nacht und dass mir der Blick von oben nach unten aus dem Fenster erspart blieb.
Denn ich beschloss einfach zu ignorieren, dass ich mich in diesem rießigen Flugzeug befand. Verdrängung ist die beste Idee überhaupt!

Als wir abflogen kauerte ich unter meiner Decke und hörte Madonnas Get into the groove...jaha, der Flieger hat richtig mitgegroovt und ich schloß die Augen und dachte an eine schlechte Ü30 Party. Danach öffnete ich lieber die Augen und schaute unentwegt in die Kabine.

Ich ließ von der Idee ab, die Kollegen in den verschiedenen Bereichen des Fliegers zu besuchen. Ich hätte mir sicherlich auch einige Muskelzerrungen dabei geholt, schließlich sollen Verkrampfungen in Ruhe auskrampfen.
Selbst den Gang auf die Toilette habe ich erfolgreich umgangen in dem ich einfach nichts getrunken hab...ist ja nicht so, als hätte ich zuwenig aufbauende Kosmetika in meinem Bad um sichtbare Dehydration wieder glattzubügeln.

Die schnatternde Kollegin schlief irgendwann ein, genau wie der Rest der Passagiere in meinem Bereich. Das Licht wurde gedimmt und da saß ich nun wie ein einsames Reh im dunkeln Wald. Madonna war kein große Hilfe mehr und ein Film musste her. Nix anspruchsvolles, eine seichte amerikanische Komödie die nur ein Achselzucken in mir auslöste. Wenigsten habe ich damit 2 Stunden überstanden.
Tollkühn wagte ich mich an den Versuch zu schlafen. Pünktlich nach der optimalen Schlafpositionsfindung gingen die Anschnallzeichen an und der Flieger wurde durchgeschüttelt. Also doch wieder Madonna.

Pünktlich zum Frühstück hörten die Turbulenzen auf. Schade, wollte ich doch schon immer mal Milch pur trinken und diese im Magen zu Milchschaum fabrizieren. Die optimale Temperatur hätte es dafür gehabt.
Hunger hatte ich ausnahmsweise keinen, ich war dennoch froh den KollegInnen beim emsigen Treiben zuschauen zu können. Die schnatternde Kollegin erwachte auch aus Ihrem Tiefschlaf und ich konnte mich dem Belanglosem Geschwafel zuwenden.
Mittlerweile glaube ich, diese Oberflächlichkeit, die man dem fliegerischem Personal gerne attestiert, findet man begründet in diversen Ängsten. Warum sonst würde ich mir das Geschwafel herbeisehnen, wenn ich, wie sonst üblich, davor am liebsten schreiend davon weglaufen möchte?

Kurz vor der Landung ließen sich meine Glieder wieder normal bewegen und ich wurde entspannter als ich die Landschaft immer näher unter mir sah. Für einen Rundgang war es jetzt zu spät, dafür habe ich in Zukunft wohl mehr als genug Zeit, zwangsläufig.

Die erlösende Landung kam und ich durfte mich von dem Elefanten endlich verabschieden. Nein, verabschiedet habe ich mich nicht. Ich bin zwar nicht gerne unhöflich, aber ich rannte aus dem Flieger raus und sah ihm nicht einmal hinterher. Soll ich mich doch mit ihm anfreunden, wenn ich es muss...ich bin zu alt um es jedem rechtmachen zu müssen.

Nächster Stop nach einem kurzem Schlaf in einem anständigen Bett, ein einem Zimmer mit anständiger Größe war die gute, alte Musikabteillung in einem großem Warenhaus. Madonnas "Best of" Album musste ich mir holen...Vielleicht genügt es ja, dieses bis zum Erbrechen zu hören um dann entspannt den nächsten Ritt auf dem Elefanten bestreiten zu können...in den Urlaub.






Montag

Wieder was gelernt

Erkenntnis des Tages:

Wenn man sich generell keine Namen merken kann, dann wird das auch nix mit den Statusgästen!

Also Liebe Statusgäste, wenn Ihnen einmal eine Flugbegleiterin begegnen sollte die:

- einen weißen, zerknautschten Zettel in der Hand hält und sich in ihrer unmittelbaren Nähe aufhält,

- sich etwas unbeholfen
umschaut und Sie ständig fragend anblickt,

- bevor sie Sie anspricht immer wieder auf den Zettel schaut und

- dann ständig "Äh, Herr..." *auf Zettel guck* "Ach ja, Herr Müller, äh, nein, Herr Schmidt...tschuldigung" stammelt
und dabei verwirrt dreinschaut aber trotzdem noch charmant lächelt,

dann haben Sie bitte etwas Nachsicht. Ich bringe dann auch gerne einen vorgewärmten Kaffee mit Schoki.

Wie gut dass ich ein fotografisches Gedächtnis habe was Gesichter betrifft, immerhin.

Mittwoch

Henne im Korb oder Alkohol ist auch keine Lösung

Da Eyjafjallajökull für Nachwehen sorgte (Mr. G! hat dies hier schön verdeutlicht) und ich eine Fülle an freien Tagen hatte, beschloss ich nicht weiter Däumchen zu drehen und gab einige freie Tage ab um irgendeinen Interkontflug bestreiten zu können.

Das Planungsroulette bedankte sich für mein Opfer mit Montreal, ich bedankte mich ebenfalls...wollte ich sowieso schon immer hin da ein begnadeter Künstler dort beheimatet ist.

Als ich mein Crew traf war ich nicht wenig verwundert hauptsächlich auf Männer zu stoßen. Die wenigen Frauen aus der Crew arbeiteten in der ersten Klasse und ich durfte mich darauf freuen, meinem Mann zu stehen und mich gegen einen Haufen überschäumendes Testosteron zu behaupten.
Das ist mir trotz rotem Lippenstift und Brüsten gelungen und irgendwann war ich nicht mehr "Kleines" sondern Fräulein Titan.
Dafür war der Tross der älteren Damen an Board umso mehr verzückt, dass sich ein schöner, stolzer Latino, ein verkapptes American Apparel-Model, ein milchkaffee-farbener Jüngling und ein einfühlsamer, verzauberter Kollege sich um sie mit viel Charm und Witz kümmerten.

Für mich blieben die männlichen Passagiere übrig und ich strich sofort meine Frage aus dem Kopf ob französisch sprechende Kanadier genauso gut küssen wie die Franzosen...mich quälten die neuen Schuhe zu sehr.

Nach überstandenem Flug ging es für einen Teil der Crew und mir in die hübsche, Touristenüberflutete Altstadt und meine Schmerzen in den Füßen wurden immer mehr unerträglich. Schmerztabletten hatte ich keine dabei also mußte Alkohol zum Betäuben her. Schnell waren die männlichen Kollegen überredet und wir gingen am helligten Tag in eine Cocktailbar. Einen Gin Tonic und Cosmopolitan später trudelte der Rest der Crew ein um gemeinsam Essen zu gehen.

Seltsamerweise ging es in eine Brauerei. Denn, immer in Kanada geht es zum Essen in eine Brauerei. Das kanadische Bier ist nicht mal richtig gut. Weiß der Geier warum das so ist.

Nach einigen Pitchern Bier drehte unser (wirklich netter) Kapitän auf und begann Witze zu erzählen. Er fühlte sich sichtlich wohl in unserer Runde und ein Schenkelklopfer nach dem anderen entsprang aus seinem Mund. Alle haben höflich gelacht und waren selbst zu höflich um ihn darauf aufmerksam zu machen, dass Fritzchen-Witze bei über 4.Klässlern nur ein müdes Lächeln hervorrufen.
Ich musste den Kapitän aus der misslichen Lage befreien!

Ich konzentrierte mich auf mein Hirnareal in dem sich sämtliche sexistischen-, und Randgruppenwitze befanden und begann einen vorsichtig rauszuhauen. Das Gelächter meiner Kollegen, der hohe Testosterongehalt der Luft und mein nicht geringer Pegel ließen mich so einige humoristische Glanzstücke im Hirn finden welche ich nur zu gerne teilte. War ich einmal im drive, konnte mich nix mehr stoppen.
Irgendwann war ich die einzige die gelacht hat und ich sah in die stillen, angewiderten Gesichter um mich herum...Memmen!
Keiner schaute mich mehr an und mir wurde bewusst, dass ich für diesen Umlauf noch ein Feedback benötigte.
Ich bemerkte wieder meine schmerzhaften Füße und verlangte nach meiner Rechnung.

Es entstand allgemeine Aufbruchstimmung und wir verließen gemeinsam die Brauerei schwankenden Schrittes. So allein unter Männern hatte ich mir das dann doch anders vorgestellt. In Melancholie suhlend verfluchte ich den Alkohol.
Unterwegs bekam unser Kabinenchef einen Anruf von einem Kollegen der sich mit Freunden getroffen hatte und wollte das wir noch dazustoßen.

Der Kapitän verabschiedete sich und ich bestand auf eine Taxi zur nächsten Location.
Bis auf die gräßliche Musik und dem schlechtem Bier nahm ich von der Location nicht viel wahr.
Erst als der junge Copilot immer näher zu mir rückte und an meiner Hand klammerte, bemerkte ich seine Angst bezüglich der rein männlichen Kundschaft (außer mir natürlich), welche auf ihn ein Auge geworfen haben da er dem klassichen Bild eines sauberen Knaben entsprach.
Schnell wurde die Bar gewechselt und die Musik wurde besser. Das ich völlig ignoriert wurde von den gutaussehenden Herren in dieser Bar, war mir egal...mein bester Freund war das schlechte Bier und der ängstliche Copilot. Der Begleiter meines Kollegen führte mich zur Tanzfläche weil ich mich zum Beat bewegen wollte.
Ich wollte dann nicht mehr, irgendwie hatte ich mich doch zwischen all der nackten, schwitzenden Männer unwohl gefühlt. Ich hatte auch keine Lust, Spiele der platonischen Akedemie zu verfolgen. Dann lieber einen ängstlichen Copiloten aushalten der Panik vor popoklatschen mit Anlauf hat.

Ein Blick auf meine Uhr jagte mir einen Schrecken ein. Es war viel zu spät und ich rechnete im Geiste aus, welches Detox-Programm ich mir am nächsten Morgen einverleiben muss um den Rückflug ordentlich und sicher antreten zu können. Ein Blick in die Runde ließ mich für die ganze Mannschaft rechnen.

Schnell organisierte ich ein Taxi, als Frau muss man sich ja dann doch um die Herren der Schöpfung kümmern, und verfrachtete uns zurück in das Hotel.
Ich fühlte mich wie Mutti die ihre Kinder ins Bett bringt.

Am nächsten Morgen gingen wir alle Frühstücken und ich wunderte mich warum alle außer mir so frisch aussahen.
Nach rauhen Mengen an Proteinen, Eiweiss und Fett verabschiedete ich mich und nahm ein langes, kaltes Bad. Das sollte reichen um für den anstehenden Rückflug aufgehübscht zu sein.

Der Rückflug war sehr ruhig...mir schien als hätten die Kollegen Angst vor mir und ich bekam jeden Wunsch von den Lippen abgelesen. Ich erhielt regelmäßig meinen Tee, eine Fußmassage, es wurden nette Komplimente an mich verteilt und frauenfeindliche Ausdrücke gab es auch nicht. Irgendwie musste ich die Herren beeindruckt haben, ich war mir nicht sicher ob ich das gut fand...anscheinend war ich wohl der Kerl schlechthin für sie oder ein böses Mädchen.


Übrigens, mein Feedback war toll! Der Cabinenchef herzte mich dolle als er es mir übergab. Manchmal verstehe ich die Fliegerei immer noch nicht.

Samstag

Ashes to ashes, dust to dust

Stille, absolute Stille um mich herum.
Meine Ohren spitzen sich und ich genieße den herrlichen, sonnigen Tag.
Ich schließe meine Augen und der Wind kitzelt an meiner Nasenspitze. Traumhaft das... Schlagartig werde ich aus meinem Tagtraum gerissen und höre eine tiefe, nikotingetränkte Stimme schreien.

Schnell wird das Schreien lokalisiert und ich entdecke eine Gruppe Techniker die sich um ein Flugzeug versammeln und sämtliche Triebwerke, Röhrchen, Sensoren, Pinöpel und Löcher in sommerlichem Orange einhüllen.
Bei genauerem Hinhören des Schreiens erröte ich...selten habe ich so viele Fäkalwörter in einem Satz gehört. Ich bin schon fast beeindruckt und das will was heißen.

Verständlich, wenn die Cover ausgehen dann muss man improvisieren und in den Tiefen der Techniklagerräume sämtlich orangefarbene Stopfmöglichkeiten suchen…ich hätte da auch keine Lust drauf. Da ich tief empathisch bin, spüre ich auch sofort einen feinen Staubfilm auf meinen Schleimhäuten und tätschele meinem Flieger die Tür zum Abschied.

Schuld ist der Vulkan und ich befinde mich mitten auf dem Vorfeld.
Ungewohnt ist der freie Himmel an diesem sonst so kerosinlastigen Ort. Der Himmel ist wunderschön blau und die Hasen hoppeln fast schon romantisch auf den Grünflächen umher.
Nebenan ist die Werft und um mich herum stehen Flieger an Flieger.
Eigentlich toll, denn ich muss eine Flugzeugbegehung machen damit ich meine Lizenz für die Kurzstrecke erhalte. Die Tage zuvor war kein Flieger zu bekommen aber an diesem Tag kann ich mich gar nicht entscheiden auf welchen Flieger ich möchte, ich fühle mich wie im Delikatessenladen.

Ich denke an meine ehemaligen Kollegen am Boden und beschließe sie heute nicht zu besuchen, die Idylle möchte ich mir gerne etwas bewahren.

Allerdings ist es mit der Idylle vorbei als ich Nachhause komme. Alle gefühlte 3 Minuten klingeln und piepsen meine Telefone.

- Verwandte sind besorgt ob ich denn fliegen muss.
Nein, der Luftraum ist gesperrt, warum sollte ich fliegen?

- KollegInnen sind aufgeregt weil sie nicht wissen wie es um ihre Flüge steht und der Einsatz alle Hände voll zu tun hat und sich nicht meldet.
Wenn der Flug auf der Hompage der Firma gecancelt ist, dann gehe ich auch nicht zur Arbeit.

- Freunde verzweifeln weil sie in den Urlaub möchten oder Verpflichtungen nachgehen müssen.
Ich weiß nicht ob Sonntag oder Montag wieder geflogen wird und ich weiß zur Hölle auch nicht wie lange der Vulkan noch spucken wird.

Ich beschließe am Ende des Tages mit dem Rauchen aufzuhören, schließlich sollte jemand dem Vulkan ein Vorbild sein. So.

Montag

Eine Schaufel bitte!

Manche Flüge Tage im Leben können getrost in den unendlichen Weiten der Vergangenheit verschwinden.
Erst kürzlich passiert:

Ich freute mich wie ein Schnitzel über meinen Umlauf in die USA.

Ich freue mich sowieso auf jeden Flug aber mein persönliches Sahnehäubchen war, dass dieser Umlauf in eine Stadt ging, in der es einen bestimmten Laden mit einem bestimmten, sündhaft teuren Kleidungsstück gab, welches nur sehr schwer ausfindig zu machen ist.

Man merkt um welch essentielles Ereignis es mir als Frau (oder lieber Mädchen?) hier im Besonderen geht: SHOPPEN!!!

Aber dies spielte erstmal eine Nebenrolle, denn ich hatte verschlafen!

Mit Herzrasen und rauschenden Ohren jage ich durch meine Wohnung, zaubere eine irgendwiehochgewurschtelt-Frisur auf meinem Kopf, betreibe Minimal-Make-up und Katzenwäsche, schlüpfe in die (Gott sei dank) vorgebügelte Bluse und den Rest der Uniform und eile zum Flughafen.Ich fühlte mich beschissen.

Gerade noch pünktlich erscheinte ich zum Briefing. Crew wirkte nett, so dass ich erst mal durchatmen und mich sammeln konnte.

Mein Kapitän nahm sich besonders Zeit um darauf hinzuweisen, wie wichtig Kommunikation untereinander ist und das er bitte niemand mit langem Gesicht innerhalb der Crew sehen möchte. Versteht sich ja von selbst.

Auf dem Flieger angekommen bereitete ich alles vor und die Gäste kamen. Oder, Unmengen an Handgepäck kamen mit einer annehmbarern Menge an Gästen. Mit präziser Logik eines aufgescheuchten Huhnes half ich Handgepäck zu verstauen und die Gäste wirkten glücklich, ich auch noch.

Auf meinem Sitz für den Start festgezurrt, sah ich das Unglück schon kommen als zwei Mütter schhhh, schhhh, schhhh zu ihren Kindern sch-ten.

Ich mag Kinder und ich kann auch sehr geduldig mit ihnen sein, nur, wird eine gewisse Dezibelgrenze über einen längeren Zeitraum drastisch überschritten, hört der Spaß bei mir auf. Trotz Einfühlsamkeit meinerseits ließen sich die Kinder nicht beruhigen.

Mit einem dicken Schädel flüchtete ich in die Servicevorbereitungen.Mir entging allerdings dabei, dass der Serviceablauf dabei modifiziert wurde und ich befand mich häufig -zum Ärger meiner Kollegen- dort, wo ich nicht sein sollte und damit war ich nicht hilfreich im Service.Ich weiß nicht genau wie häufig ich meine Gäste und Kollegen in den Genuss einer Coladusche brachte. Ebenso wenig weiß ich nicht, wie häufig die Signale meines Hirns ihren Weg in den Rest meines Körpers nicht gefunden haben.

Die schlechte Leistung und Einschränkung meiner Denke ließen mich lustige Sprüche aus meinem Mund sprudeln. Dabei kommt auch hin und wieder etwas raus, was man besser für sich behalten sollte. Die Gesichter meiner Kollegen ob ihrer Begeisterung meiner verbalen Ergüsse, waren nicht freundlich. Aber man läuft ja zu Hochtouren auf wenn man das Ruder umreißen möchte und ich bewegte mich immer mehr in einer Abwärtsspirale.Ich war eine einzige Katastrophe und ein Kollegenschwein noch dazu!

Der Supergau kam, als ich in meiner Handtasche nach einer der unzähligen Handcremetuben suchte. Meine Geldbörse war nicht eingesteckt. Alle Kreditkarten weg und zuhause liegen gelassen!

Kreditkarte? Frau? Klingelt da was?

Das letzte Fünkchen Optimismus, welches mir eine Kollegin dank ihres Verständnisses bezüglich meines suboptimalen Starts in den Tag gab, wich aus meinem Körper und ich hörte mich innerlich schreien.

Mit hochrotem Kopf und der Selbstmotivation eines Tennisspielers versuchte ich weiter zu arbeiten. Leider gab es durch wiederkehrende Missverständnisse, Verzögerungen im Serviceablauf und wir waren in den letzten Zügen unserer Arbeit als es aus dem Cockpit hieß: 20 Minuten bis zur Landung. Nur leider ging unsere Maschine gefährlich schnell und tief runter, so dass mich eine Kollegin vor Schreck laut anschrie als sie erkannte, dass wir in wenigen Minuten landen.Ich rannte zu meinem Sitz und schnallte mich an. Kurz darauf setzte der Flieger auf...das war wohl nix mit den 20 Minuten.

Ich hatte keine Lust mehr und packte meine stärkste Waffe aus. Ich begann zu heulen.

Die Gäste verabschiedeten sich von Board und bedankten sich für den tollen Service. Ich wusste nicht ob ich noch mehr heulen oder lachen sollte.
Ich beschloss weiter zu heulen, war ja sowieso schon dabei und das Make-up schon verschmiert.

Den Rückflug erwähne ich nicht da er genauso furchtbar war, getreu dem Motto:
Vor dem Wahnsinn wird’s noch mal besonders lustig aber ohne Tränen.

Ich entschied mich die Fliegerei an den Nagel zu hängen…vorerst.


Vorhin war ich bei meiner Vorgesetzten.
Ich werde nicht mehr an meine alte Arbeitsstelle zurückkehren und bleibe unbefristet der Fliegerei erhalten.

Ambivalenz fand ich schon immer gut.

Donnerstag

Liebe am Arbeitsplatz

Ich fühle mich unbehaglich wenn ich mit dem Thema konfrontiert werde.
Das bedeutet, ich fühle mich sehr häufig unbehaglich da ich häufig angesprochen werde:
"Und, wie ist es denn jetzt? Läuft da immer was?"
"Hast Du schon etwas erlebt?"
"Ist es wirklich so schlimm*?"

Genauso vorhin.
Eine Freundin rief mich an und unterbrach mich beim Kofferpacken für Afrika.
Lange ist es her als wir das letzte mal miteinander sprachen und so kam ich nicht drumherum ihr etwas von meinem neuen Arbeitsalltag zu erzählen.
Es dauerte nicht lange und die alles entscheidende Frage, welche die Stimmung zum kippen brachte, kam und folgender Dialog enstand:

Freundin: "Und, hast Du schon einen Piloten kennengelernt?"
Ich: "Ja, auf jedem Flug mindestens zwei!"
Freundin: "Nein, ich meine so richtig!"
Ich: "Wie richtig?"
Freundin: "Na Du weißt schon, mit anfassen!"
Ich: "Ja, wir geben uns die Hände beim ersten Zusammentreffen und nennen unseren Namen."
Freundin: "Nein, ich meine, lief da schon mal was?"
Ich: "Nein, warum sollte etwas laufen? "
Freundin: "Ja aber es heißt doch immer....hm, okay. Vergiss es."

Verständlich wenn die klischeegeschwängerte Neugier groß ist aber irgendwann ist auch mal gut und man darf den Verstand einschalten.
Hin und wieder würde ich nämlich auch gerne mal von meinen Shoppingexzessen berichten, von interessantem Essen schwärmen oder meiner neusten Pilcher-Layoverlektüre berichten.

Da ich aber kein Unmensch bin, erzähle ich nur einfach nicht die Wahrheit und lasse diesen Mythos unangetastet.
Was die meißten Leute nämlich nicht ahnen, selbst wenn man nicht abgeneigt wäre, besteht kaum die Möglichkeit mit Piloten anzubändeln.

Denn, und das ist nun mal Fakt, die Piloten bekommt man kaum zu Gesicht!

Da kann per se nix passieren:
- Vor dem Flug hat man nur kurz das Vergnügen miteinander, exakt die Dauer der Crewbusfahrt zum Flieger plus 5 Minuten im Briefing. Und da, man möge es mir glauben, können sich kaum romantische Gefühle entwickeln. Zumindest bei mir nicht wenn es um notfallrelevante Themen geht.
- Während des Fluges nimmt man die Piloten hauptsächlich als Nuschler durch die Lautsprecher wahr. Kopfkino wird dadurch nicht angeregt. Wirklich nicht!
- Nach dem Flug ist man froh den Boden unter den Füßen zu haben und freut sich auf eine heiße Dusche. Da noch jemanden aus einer zweiten Uniform rauszufummeln wäre körperliche Schwerstarbeit.
- Im Layover sieht man die Herren auch nicht da sie entweder pausenlos schlafen ( häufig haben diese auf einem Flug überhaupt keine Pause), seltsamen Sport treiben, alte Freunde treffen oder ihre Frauen dabei haben.

Der Ausspruch "Never f*** the company", auf deutsch: "Man sieht sich immer zweimal im Fliegerleben" tut sein übriges ;-)

Und jetzt muss ich weiter Koffer packen.



* Anderes Wort für "Geil"

Sonntag

Soweit die Füße fliegen

Als Füße einer Flugbegleiterin macht man so einiges mit.
Nicht umsonst werden diese im Layover vor Ort dirkt zur Pediküre getragen um eine wohltuende Behandlung zu erhalten.
Häufig auch unter Kopfschütteln der Cockpitkollegen.

Manchmal sagen Bilder mehr als Worte:


Los geht es in dem man die Wohnung verlässt
Auf gehts

Nach kurzer Autofahrt geht es quer durch das Parkhaus
Parkhaus

Der Gang über das Vorfeld zum Flieger
vorfeld

Balancierend geht es auf die Flugzeugtreppe und man fühlt sich wie bei Heidi Klum
Treppe

Von dort direkt rein in den Flieger
Fliegertür

Da mein Flugbegleitersitz sich ganz hinten in der Flugzeugküche ohne Fenster befindet, quetsche ich mich zum Start lieber vorne in das Cockpit
Cpt. Start

Und schaue mir dabei Rheinland-Pfalz von oben an
Start Rheinland-Pfalz

Gearbeitet wird in der Flugzeugküche der Business-Class. Der Kenner sieht das in der Zwischenzeit ein Wechsel des Schuhwerks erfolgt ist.
Ratsam bei 10 Stunden Flugdauer.
Galley

Die Landung erfolgt wieder im Cockpit. Erste Ermüdungserscheinungen machen sich in den Füßen breit.
Die Schuhe des Co-Piloten sind auch ordentlich geputzt
Landung Ckpt.

Und ganz nebenbei genieße ich die Landschaft die sich unter uns befindet und die es anzufliegen gilt
Landung Colorado

Am Flughafen angekommen werden gefühlte 10 Kilometer beschritten.
Als coole Socke nehme ich natürlich nicht die Laufbänder
Airport Colorado

Und im Bus zum Hotel wird das Nichtstun zelebriert
Crewbus

Schnell im Hotel einchecken, duschen, umziehen und mit Cockpit und Purserette (Chefflugbegleiterin) die Strassenbahn zu einer netten Location nehmen um sich das wohlverdiente, kühle Bier einzuverleiben.
Welche Füße gehören wohl zu wem?
Strassenbahn

Mit angenehm gefülltem Bauch erwartet einen sehnsüchtig das Bett und die Füße schreien Hurra
Hotel

Und da soll mir einer sagen es ist ein leichter Job.
Nächste Woche habe ich einen Termin bei meinem Orthopäden...durch die Lüftung im Cockpit habe ich mir einen steifen Nacken zugezogen.



Frohe Ostern